Wie macht der Filmregisseur aus dem Buch einen Film? Das Drehbuch gibt die Antwort.
Plötzlich hupte es dicht hinter Emil! Er sprang erschrocken zur Seite, fuhr herum und sah einen Jungen stehen, der ihn auslachte. »Na Mensch, fall nur nicht gleich vom Stühlchen«, sagte der Junge. »Wer hat denn eben hinter mir gehupt?«, fragte Emil.
»Na Mensch, ich natürlich. Du bist wohl nicht aus Wilmersdorf, wie? Sonst wüsstest du längst, dass ich ‘ne Hupe in der Hosentasche habe. Ich bin hier nämlich bekannt wie ‘ne Missgeburt.«
»Ich bin aus Neustadt. Und komme grade vom Bahnhof.«
»So, aus Neustadt? Deswegen hast du so ‘nen doofen Anzug an.«
»Nimm das zurück! Sonst kleb ich dir eine, dass du scheintot hinfällst.«
»Na Mensch«, sagte der andere gutmütig, »bist du böse? Das Wetter ist mir zum Boxen zu vornehm. Aber von mir aus, bitte! «
»Verschieben wir‘s auf später«, erklärte Emil, »ich hab jetzt keine Zeit für so was.« Und er blickte nach dem Café hinüber, ob Grundeis noch dort säße.
»Ich dachte sogar, du hättest viel Zeit! Stellt sich mit Koffer und Blumenkohl hinter die Zeitungsbude und spielt mit sich selber Verstecken! Da muss man doch glatt zehn bis zwanzig Meter Zeit übrig haben.«
»Nein«, sagte Emil, »ich beobachte einen Dieb.«
»Was? Ich verstehe fortwährend: Dieb«, meinte der andre Junge, »wen hat er denn beklaut?«
»Mich!«, sagte Emil und war direkt stolz darauf. »In der Eisenbahn. Während ich schlief. Hundertvierzig Mark. Die sollte ich meiner Großmutter hier in Berlin geben. Dann ist er in ein andres Coupé geturnt und am Bahnhof Zoo ausgestiegen. Ich natürlich hinterher, kannst du dir denken. Dann auf die Straßenbahn. Und jetzt sitzt er drüben im Café, mit seinem steifen Hut, und ist guter Laune.«
»Na Mensch, das ist ja großartig!«, rief der Junge. »Das ist ja wie im Kino! Und was willst du nun anstellen?«
»Keine Ahnung. Immer hinterher. Weiter weiß ich vorderhand nichts.«
Regie-Anweisung | Dialoge |
---|---|
AM KIOSK TRAUTENAUSTRASSE 183. NAH: Emil sitzt auf seinem Koffer. Während er zum Café Josty hinübersieht, ertönt ganz nahe hinter ihm zweimal hintereinander eine Hupe. |
|
Emil schreckt zusammen und sieht sich um
184. NAH: Neben ihm steht ein fremder Junge, ein bißchen robust und übers ganze Gesicht grinsend. Die eine Hand hält er in der Hosentasche. Wieder ertönt das mysteriöse Hupen, ohne daß wir das Instrument sehen können 185. Emil: |
|
»Wer hupt denn da immerzu?« | |
Der fremde Junge, vergnügt | |
»Na, Mensch, ich natürlich!« | |
186. GROSS:
Und der fremde Junge zieht aus der Hosentasche eine alte Autohupe, auf der er wieder zu tuten
beginnt.
187. Der junge, nicht ohne Stolz: |
|
»Du bist wohl fremd hier, wie? Hast noch nie was von Gustav mit der Hupe gehört?« | |
Emil: | |
»Nein. Ich bin aus Neustadt. Ich komme gerade vom Bahnhof ...« | |
Gustav mit der Hupe sieht ihn missbilligend von oben bis unten an: | |
»So .... aus Neustadt.... Deswegen hast Du einen so doofen Anzug an....« | |
Emil springt vom Koffer und stellt sich drohend vor den anderen hin: | |
»Nimm das zurück, Du, sonst klebe ich Dir eine, daß Dir die Hupe platzt!« | |
Gustav mit der Hupe fällt ihm ins Wort, beruhigt ihn gutmütig: | |
»Na, Mensch, bist Du aber gleich beleidigt! . . . Schon zurückgenommen. | |
Dabei steckt er seine Hupe wieder in die Tasche.
188. Emil schielt nach der Terrasse des Cafés hinüber. Gustav mit der Hupe: |
|
»Wo kuckst Du denn immer hin?« | |
Emil, ohne den Blick von der Terrasse abzuwenden: | |
»Ich beobachte einen Dieb! | |
Gustav: | |
»Wie? . . . Was? - - n Dieb?!« | |
Emil setzt sich wieder, zieht Gustav neben sich aufs Köfferchen und zeigt in der Richtung nach dem Café: | |
»Siehst Du den Mann dort drüben ..... den mit dem steifen Hut?« | |
CAFE JOSTY:
189. Während der letzten Worte Emils sieht man schon: Auf der Terrasse des Cafés löffelt eben der Herr mit der Melone ein weiches Ei. AM KIOSK TRAUTENAUSTRASSE 190. Gustav: |
|
»Den, der die Eier ißt?« | |
Emil: | |
»Die Eier ißt er für mein Geld!« | |
Gustav macht ein perplexes Gesicht: | |
»Wieso denn für Dein Geld?« | |
Emil: | |
»Also ich fahre nach Berlin . . . zu meiner Großmutter . . . mit hundertvierzig Mark in der Tasche! - Und mir gegenüber . . .« | |
CAFE JOSTY: 191. NAH: Auf der Terrasse kratzt der Herr mit dem steifen Hut die Eierschalen aus. AM KIOSK TRAUTENAUSTRASSE: 192. Gustav und Emil hinter dem Zeitungskiosk. Gustav ist so paff; daß er den Mund halb offen hält! |
|
»Mensch, hundertvierzig Mark .... ist das wahr?« | |
Emil: | |
»Ehrenwort!« | |
193. SEHR NAH: Gustav starrt gespannt auf Emil, wie auf einen Helden. Dabei hupt er mechanisch in der Tasche ein paarmal. Er jubelt los: |
|
»Na, Mensch, das ist ja wie im Kino!« | |
und schlägt Emil vor Begeisterung auf die Schulter, daß der Kleine ein bißchen zusammenknickt. |
Buch- und Drehbuch im Vergleich | |
---|---|
Gemeinsamkeiten | Unterschiede |